Falsch über­setzt? Warum Buchtitel vom Original abweichen

Grau-getigerte Katze liegt mit nach vorn ausgestreckten Pfoten auf einem braunen Sofa und schläft

Hast du Dir auch schon mal gedacht, dass der übersetzte Buch- oder Filmtitel aber so gar nichts mit dem Originaltitel zu tun hat? Hat da der Übersetzer etwa gemurkst? Nö, hat er in den meisten Fällen nicht! Denn Buchtitel werden selten vom Übersetzer festgelegt oder übersetzt, sondern meist vom Verlag bestimmt. Der Übersetzer kann meist nur Vorschläge machen ;-).

Aber warum stimmen denn die Titel nicht mit dem Original überein? Nun, dafür gibt es mehrere Gründe.

1. Einzigartigkeit

in Deutschland müssen Buchtitel einzigartig und unterscheidungskräftig sein. Das heißt, das Buch darf mit keinem anderen verwechselt werden. Ob absichtlich oder nicht. Außerdem dürfen keine Titel verwendet werden, die eine Gattung oder ein Genre beschreiben, wie zum Beispiel „Die große Spielesammlung“ oder „Hochzeit“. Auch viele Begriffe aus der Alltagssprache sind oft tabu. Damit soll verhindert werden, dass andere Verlage und Autoren eine Begriffsgattung gar nicht mehr verwenden können. Übrigens sind Buchtitel mit Erscheinen des Buches geschützt, das heißt, kein anderer darf sie mehr verwenden und man darf sich auch nicht an den bestehenden Titel anlehnen. So kann es sein, dass eine wortwörtliche Übersetzung gar nicht verwendet werden darf.

2. Unübersetzbarkeit

Manche Titel bestehen aus Wortspielen. Zum Beispiel. Oscar Wildes „The Importance of being Earnest“. Hier wird mit dem Namen „Earnest“ und der Bedeutung „ernst“ gespielt. Eine wortwörtliche Übersetzung würde reichlich unelegant klingen. „Die Wichtigkeit, Ernst zu sein“. Nee, oder? Da klingt der deutsche Titel „Ernst sein ist alles“ doch schon viel eingängiger. Die Übersetzung funktioniert nahezu wortwörtlich, weil wir das Wort „ernst“ in der gleichen Bedeutung kennen und es auch den Namen so im Deutschen gibt. Manchmal sind Titel aber auch schlicht unübersetzbar, weil sie auf kulturelle Gepflogenheiten eingehen. Manchmal könnte ein wörtlich übersetzter Titel auch in die Irre führen oder falsche Erwartungen im Deutschen wecken. Der Titel „Infinity + One“ von Amy Harmon (wörtlich: Unendlichkeit + Eins) ist ein Wortspiel mit dem Namen des Protagonisten und seiner Mathematikaffinität. Im Deutschen hätte man bei dem Titel wohl ein Fachbuch oder Sachbuch erwartet. „Unendlich wir“ ist eine gute Lösung, da der Titel auch auf den Inhalt des Buchs eingeht. Sinn und Zweck einer Übersetzung ist es in erster Linie, Sinn, Rhythmus und Stimmungen, nicht einzelne Wörter, damit das Buch bei der ausländischen Zielgruppe optimalerweise dieselbe Wirkung auslöst wie das Original.

3. Marketinggründe

Jedes Genre hat seine Gewohnheiten und ein Titel soll den Inhalt wiederspiegeln, aber auch neugierig machen. Er soll beim Leser etwas auslösen. Titel, die Bilder im Kopf auslösen, sind prima.

4. Verlagspolitik

Ein Verlag ist ein Wirtschaftsunternehmen und muss sich finanzieren. Wenn sich ein Autor, eine Autorin bisher gut verkauft hat, versucht man natürlich einen Wiedererkennungswert zu schaffen. Dies erreicht man unter anderem dadurch, dass man einen Titel wählt, der in Rhythmus, Klang, Form ähnlich ist wie der des erfolgreichen Buchs.

Warum lässt man nicht einfach den englischen Titel und macht einen deutschen Untertitel drunter?

Gute Idee, geht aber auch nicht immer. Weil, siehe Punkt „Einzigartigkeit“. Oder Punkt „Unübersetzbarkeit“. Wenn man ganz viel Pech hat, ist vielleicht sogar der englische Titel als Marke geschützt und darf nicht auf dem deutschen Cover mit deutschem Untertitel verwendet werden. Das kann auch fürs Cover gelten, deshalb muss auch das oft verändert werden, damit es nicht gegen geltendes Urheberrecht verstößt und/oder den Genreerwartungen und kulturellen Gepflogenheiten des Ziellandes entspricht.

Wie Du siehst, kann es manchmal ziemlich aufwendig sein, einen guten Titel zu finden, der zum Buch passt. Und natürlich gibt’s tolle Titelkreationen und weniger tolle.