Über das Übersetzen von Liebesromanen – 3 Dinge, auf die es ankommt
Übersetzen ist meine zweite Leidenschaft. Ich übersetze in verschiedenen Genres. Doch ob Fantasy, zeitgenössischer Roman, Krimi oder historischer Liebesroman: Aus Übersetzersicht haben sie einiges gemeinsam. Denn bei allen gilt jeweils folgendes zu beachten:
- Die Melodie des Textes übernehmen,
- Spotlights setzen,
- Die Stimmung und Atmosphäre des Originals vermitteln.
1. Die Melodie eines Textes übernehmen
Beide Bücher stellten mich beim Übersetzen vor ganz unterschiedliche Herausforderungen.
Bei „Queen and Blood“ (erschienen bei Lyx) war es vor allem die poetische Sprache, die genauso schön poetisch ins Deutsche übertragen werden musste. Der englische Text hatte eine gewisse Melodie, die ich gern übernehmen wollte. Das war nicht immer ganz so einfach, da deutsche Texte nun mal von Natur aus länger sind als englische. Doch auch die deutsche Sprache hat ihre Mittel und Wege. Während das Englische der strengen SPO-Regel folgt (Subjekt, Prädikat, Objekt) können wir im Deutschen Sätze umstellen und müssen nicht mit dem Subjekt beginnen. Statt: Sie isst gerne Äpfel können wir auch sagen: Äpfel isst sie gerne. Oder: Gerne isst sie Äpfel. So hat man Variationsspielraum.
Von gereimten Zaubersprüchen
Eine weitere Herausforderung waren die Reime der Zaubersprüche, die in „Queen and Blood“ eine Rolle spielen. Diese mussten sich auch im Deutschen natürlich reimen und möglichst auch denselben Sinn vermitteln. Das hat schon Gehirschmalz gekostet. Ich habe immer wieder umgestellt und neu angefangen. Synonym- und Reimwörterbuch waren hier meine besten Freunde :-). Es wird solange gepuzzelt, bis ich mit der Lösung hundertprozentig zufrieden bin. Da kommt es schon mal vor, dass das Unterbewusstsein auch beim Essen oder Putzen arbeitet. Ganz oft sitze ich dann nachts kerzengerade im Bett, weil mir die perfekte Lösung eingefallen ist. Das ist auch bei Wortspielen oft so. Deshalb habe ich auch immer Zettel und Stift auf dem Nachttisch bereitliegen.
2. Spotlights setzen
Beim historischen Roman „Im Reisepass steht Liebe“ waren vor allem die Liebesszenen eine Herausforderung. Diese dürfen nämlich keinesfalls kitschig rüberkommen, sollen aber auch gleichzeitig die Sprache der Zeit widerspiegeln. Dies gelingt am besten, in dem man sogenannte „Spotlights“ setzt. Also ab und zu mal Wörter aus dieser Zeit wie zum Beispiel „indes“, „Pelisse“, „Krinoline“ und dergleichen einfließen lässt. Außerdem ist in historischen Liebesromanen die Sprache meist etwas adjektivreicher und blumiger. Auch hier gilt natürlich: Die Dosis macht das Gift. Zu viele Adjektive hintereinander sind unschön. Gelegentlich eingestreut, geben sie dem Text Atmosphäre. In den Dialogen ist die Sprache meist auch etwas förmlicher. Auch korrekte Anreden sind wichtig. So wird beispielsweise ein Duke nicht mit „My Lord“ angesprochen, sondern mit „Your Grace“. Und ein Viscount hat kein „of“ im Titel.
Gab’s das schon?
Außerdem sollte man auch ein Auge auf Dinge haben, die es in der Epoche, in der der Roman spielt, womöglich noch nicht gegeben hat. Tomaten gab es zum Beispiel erst nach 1492, Kartoffeln sogar erst nach 1532.
Beim Fantasytitel „Queen and Blood“ setze ich diese Spotlights genauso. Denn die Welt, in der die Geschichte spielt, ist dem Mittelalter angelehnt, und auch das Original nutzt solche Spotlights.
3. Stimmung und Gefühl des Originals vermitteln
In Liebesromanen sind logischerweise vor allem die Liebesszenen wichtig, und davon gab es in „Im Reisepass steht Liebe“ einige, zudem vor der wunderschönen Kulisse der Insel Kreta. Das Englische ist meist sehr explizit bei Liebesszenen. Oft werden Abläufe fast wie Regieanweisungen widergegeben. In deutschen Romanen werden eher die Gefühle beschrieben, die man in der gewissen Situation empfindet. Auch hier ist es eine Gratwanderung, denn man muss einerseits dem englischen Original gerecht werden, andererseits aber auch die Erwartungen der deutschen Leserinnen und die Konventionen des Genres erfüllen. Deshalb ist es in Liebesszenen besonders wichtig, etwas freier zu übersetzen und nicht zu sehr am Original zu „kleben“. Es kommt vor allem darauf an, Stimmung und Gefühle zu vermitteln. Und zwar so, dass der Text nicht nach Übersetzung klingt, und das erfordert besonderes Fingerspitzengefühl. Mir hilft dabei sehr, wenn ich mir eine Szene laut vorlese. Dann merkt man meist recht schnell, wo es hakt und die Stimmung womöglich flöten geht, ob nun in der heißen Wüste von Jeru oder am azurblauen Mittelmeer :-).